Trennung II
- mzillich
- 10. Juni
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 30. Juni

Die Trennung ist jetzt fast ein halbes Jahr her. Ich leide immer noch und bin immer noch sehr traurig. Ich habe seit einem Monat eine Psychotherapeutin, die mir helfen soll, über die Trennung hinwegzukommen und meine Depressionen zu bekämpfen. Nachdem ich die ersten drei Monate der Trennung zwar sehr traurig gewesen war und auch sehr viel geweint habe, soviel wie noch nie in meinem Leben, aber dennoch viel Kraft hatte, fühlte ich mich nach einem Urlaub mit einem Freund auf Teneriffa sehr erschöpft und bekam Angst vor einer neuen depressiven Phase. Ich hatte ein paar helle finstere Momente. Zuerst spürte ich, dass der gegenwärtige Trennungsschmerz eine Wiederholung des Schmerzes war, den die Trennung meiner Eltern bei mir ausgelöst hatte. Es gibt einige Parallelitäten: auch meine Eltern haben sich nach 15 Jahren Ehe getrennt, und die Trennung war auch sehr dramatisch. Bereits vor der Trennung gab es in der Familie sehr viel teilweise gewaltsamen Streit. Einige Monate vor der endgültigen Trennung hatte ich meinen Vater schwer verprügelt. Ich habe diesen Schmerz nie aufgearbeitet und fand es sogar toll, dass ich meinen Vater verprügelt hatte. Ich gab regelrecht damit an, und ich habe in dieser Zeit sehr viel Alkohol getrunken. In dieser Zeit fing ich an, einen Panzer aufzubauen, um mich vor Gefühlen zu schützen. Ich wollte keine Gefühle haben oder zeigen. Ich wollte hart sein. Ich kam immer härter drauf und landete schließlich mit 19 Jahren wegen schwerer Sachbeschädigung und Eingriff in den Bahnverkehr für 3,5 Jahre ins Jugendgefängnis. Ich hatte mir eingebildet, ein Terrorist zu sein. Die RAF-Terroristen waren mein Vorbild. Die waren hart und hemmungslos. Ein Jahr nach meiner Entlassung wurde Daniela von mir schwanger, und ich habe mich von ihr getrennt. Meine älteste Tochter Nina habe ich zum ersten Mal auf ihren Wunsch gesehen, als sie 5 Jahre alt war, und es ist mir nie gelungen, eine vernünftige Beziehung zu ihr aufzubauen. Stattdessen habe ich mich immer weiter von meinen Verwandten und Freunden entfernt und bin schließlich in der Ukraine gelandet, wo ich auch meine Frau kennen gelernt habe. Dann kamen die 15 schönsten Jahre meines Lebens.
Der nächste helle finstere Moment war die Feststellung, dass sich mein Panzer auflöst. Der Trennungsschmerz war zu groß und hat den Panzer aufgebrochen. Ich will auch keinen Panzer mehr haben, aber der Panzer war mein Schutz, und jetzt bin ich schutzlos und nackt. Diese Erkenntnis hat mich getroffen, und ich habe nach Hilfe gesucht. Die Suche war zunächst schwierig und ich verzweifelt, weil es überall lange Wartelisten gab, aber ich hatte wieder mal Glück. Ich war so verzweifelt, dass ich zunächst bei privaten Therapeuten vorstellig wurde, die ich selbst bezahlen musste. Gleich die erste Therapeutin, erklärte mir, dass sie keine Medikamente verschreiben könne. Allerdings verwies sie mich an eine bekannte Therapeutin, damit die mir ein Antidepressivum verschriebe. Diese Therapeutin wollte mir nur dann Medikamente verschreiben, wenn ich auch bei ihr Therapie machen würde, und so habe ich eine Therapeutin gefunden, die von der Kasse bezahlt wird und mit der ich bis jetzt sehr gut zurechtkomme. Seit vier Tagen nehme ich ein Antidepressivum.
Was mir bisher noch sehr gut durch den Trennungsschmerz geholfen hat, ist die dynamische Meditation nach Osho. Ich habe diese Meditation bei den Herzenskriegern kennen gelernt und fand sie immer sehr anstrengend. In dem Jahr vor der Trennung bin ich zum zweiten Mal durch die vier Schritte der Hezenskriegerausbildung gegangen, und das war ein Segen. Ich habe dort so wunderbare Männer kennen gelernt, die ich in meinem Schmerzen anrufen konnte, und die sich mein Geheule mit aufrichtigem Mitgefühl angehört haben. Das kannte ich nicht von mir, dass ich mir Hilfe hole, anrufe und hemmungslos losheule. Niels, mit dem ich während der Herzenskriegerseminare in einem Zimmer geschlafen hatte, riet mir zur dynamischen Meditation, und dafür bin ich sehr dankbar. Das hat mich gerettet, heute auch wieder.
Es ist alles noch sehr schwer, aber ich bin auf dem richtigen Weg, und ab und zu sehe ich auch schon wieder Licht am Ende des Tunnels, aber der Weg ist noch weit und hart.
Letzte Woche waren die Kinder wieder bei mir. Irma war drei Tage mit der Kita in einem Kinderlager. Das Wochenende war ganz schön anspruchsvoll, weil kein Bekannter Zeit für gemeinsame Unternehmungen hatte, und ich fühle mich manchmal überfordert mit zwei Kindern. Mit Benedikt gibt es immer wieder Konflikte. Ich habe ihn wahnsinnig gern, aber er ist manchmal sehr hart und sucht Streit mit Irma oder mit mir. Ich habe Angst um ihn und auch Angst, ihn zu verlieren.
Einerseits ist es für mich unvorstellbar, mich wieder mit meiner Frau zu versöhnen, geschweige denn mit ihr zusammen zu leben, weil die Trennung ein Massaker war und ich mich von ihr sehr schlecht behandelt und gedemütigt fühle, andererseits habe ich den Wunsch, dass sie zu mir kommt und mich um Verzeihung bittet und sagt, dass sie wieder zurück zu mir will. Vielleicht wünsche ich mir das nur, um sie dann abweisen zu können. Ich habe die Vorstellung, dass sie ankommt, um mir zu sagen, dass sie zu mir zurückwill. Ich erwidere ihr, dass ich darauf die ganze Zeit gewartet habe und dass sie sich sich gleich ausziehen soll. Wenn sie dann nackt auf dem Bett liegt, sage ich ihr, dass sie sich wieder anziehen und verschwinden soll. Das ist gemein und demütigend, aber genau das wünsche ich mir.




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